INTERVENTIONEN – Zeitschrift für Verantwortungspädagogik | Ausgabe 18
Mit Beiträgen von Annika von Berg, Marvin Kraft, Franziska Kreller, Thomas Mücke, Hannah Strauß, und Kim Stührenberg
Der andauernde Krieg in Gaza, Abschiebungen nach Afghanistan, Wahlen in drei Bundesländern, ein Förderperiodenumbruch, das Ampel-Aus und die erneute Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten: Das Jahr 2024 stellt uns vor eine Vielzahl unterschiedlicher Herausforderungen, die – bei allen Unterschieden – sehr direkte Auswirkungen auf die Arbeit unserer Kolleg*innen in der extremismuspräventiven Praxis haben, national wie international. Und wir müssen uns in den kommenden Jahren wohl an einen Gedanken gewöhnen: Einfacher wird es nicht mehr.
Grund genug, sich erneut zu vergegenwärtigen, dass es in stürmischen Zeiten eine Praxis der Extremismusprävention braucht, die inhaltlich wie strukturell stabil aufgestellt ist. Besonders hinsichtlich der Strukturen und Rahmenbedingungen bleibt das jedoch Wunschdenken. Das Demokratiefördergesetz, mit dem – trotz aller Herausforderungen – doch viele Hoffnungen verknüpft waren, wird nicht verabschiedet. Stattdessen sieht sich die Zivilgesellschaft, die zu Beginn dieses Jahres teilweise ohne sichere Förderbescheide weiterarbeiten, oder die Arbeit vorübergehend einstellen musste, zum Ende des Jahres 2024 mit dem Ende der aktuellen Förderperiode sowie dem Aus der Regierungskoalition konfrontiert. Einen regulären Bundeshaushalt wird es zum Beginn des neuen Jahres nicht geben und damit einher gehen enorme Existenzängste ganzer Organisationen ebenso wie von einzelnen Mitarbeiter*innen. Aktuell ist also noch gänzlich unklar, wie die Landschaft der Extremismusprävention zum Jahreswechsel aussehen wird. Parallel muss weiterhin über alle Maßen engagierte Arbeit geleistet werden, um den sich immer schneller verändernden Dynamiken rund um Menschenfeindlichkeit und Extremismus etwas entgegenzusetzen. Ein Dauerspagat, der kurz- und mittelfristig die Abwanderung qualifizierten Personals in andere, sicherere Arbeitsbereiche verstärken und eine klaffende Lücke in der Angebotslandschaft hinterlassen wird.
Und dennoch, allen Unwägbarkeiten und Herausforderungen zum Trotz, gelingt es den Kolleg*innen weiterhin, erstklassige Arbeit zu leisten und innovative neue Formate und Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Um Ihnen einen Einblick in diese hervorragende Arbeit zu bieten, sowohl in die teils jahrzehntelangen Errungenschaften bewährter Ansätze als auch in neuere Innovationen, etwa im Kontext digitalisierter Beratungspraxis, haben wir diese Ausgabe der Interventionen für Sie erstellt. Lesen Sie im ersten Artikel von Marvin Kraft, Kim Stührenberg und Hannah Strauß über den Hintergrund und die Relevanz von Selbstfürsorge für Berater*innen und konkrete Übungen hierzu. Daran anschließend präsentiert Annika von Berg einen Text über die von Violence Prevention Network in diesem Jahr veröffentlichte App GRIDD PRO® – Soziale Diagnostik zur Unterstützung sozialdiagnostischer Prozesse in der Praxis und zur Erleichterung systematisierter Fallanalyse und -evaluation. Anschließend stellt Franziska Kreller erste Erfahrungen und Herausforderungen aus der Online-Beratung im Kontext von Distanzierungsarbeit dar. Und schließlich betrachtet Thomas Mücke in seinem Beitrag die Lektionen und Erfahrungen aus 23 Jahren Distanzierungsarbeit im Justizvollzug.