„Die Altparteien fahren unser Land gegen die Wand.“

Eine feindliche Haltung gegenüber dem, was als fremd oder anders wahrgenommen wird, ist bei Weitem kein neues Phänomen, sie erhält jedoch seit geraumer Zeit im Rahmen von Wahlen und gesellschaftlichen Diskursen in Europa und den USA eine besondere Bedeutung. Die sich zunehmend polarisierenden gesellschaftlichen Debatten, z. B. über Integration und Flucht oder auch die Europäische Union, sind Indizien für eine rapide voranschreitende Spaltung der Gesellschaft, die von rechtsextremen Akteur*innen gezielt genutzt und instrumentalisiert werden, um Ideologien der Abwertung und Ungleichheit in der „Mitte der Gesellschaft“ zu implementieren. Ein Teil dieser „Mitte“ sieht sich selbst als „das wahre Volk“ und übernimmt zunehmend und zumeist unreflektiert rechtsextremes Vokabular zentraler Akteur*innen der sogenannten Neuen Rechten wie „Volksverräter“, „Lügenpresse“, „der große Austausch“ oder „System-“ bzw. „Altparteien“.

Vorrangig mit dem Ziel einer Polarisierung, Aufwiegelung und schließlich Entsolidarisierung unserer offenen und vielfältigen Gesellschaft verbreiten auch rechtspopulistische Politiker*innen mit Hilfe von Falschnachrichten und Verschwörungstheorien menschenverachtende und demokratiefeindliche Inhalte in den sozialen Netzwerken. Hierbei ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Botschaften und Zielen rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Bewegungen und dem offen kommunizierten Hass on- wie offline erkennbar.

Populistische Kommunikationsstrategien wie zirkuläre Argumentationen, die Verbreitung von Verschwörungsideologien und die Betonung einer Differenz zwischen dem vorgeblich betrogenen Volk „hier unten“ und einer als bösartig wahrgenommenen Elite „da oben“ sind elementare Bestandteile sowohl rechtspopulistischer wie auch rechtsextremer Argumentation. Bisherige gesellschaftliche Tabus werden bewusst überschritten und der gesamtgesellschaftliche normative Konsens grundsätzlich missachtet. Dies dient einerseits der Provokation und der damit möglichen Themensetzung im Rahmen öffentlicher Diskurse, andererseits wird so die Hemmschwelle für all jene gesenkt, die ihrer – oftmals sehr unterschiedlich begründeten – Verdrossenheit Luft machen wollen. Dabei werden bewusst Grenzen überschritten.

Denn Rechtspopulist*innen suchen nicht in erster Linie einen Meinungsaustausch oder eine faktenbasierte, argumentativ untermauerte Diskussion. Vielmehr nutzen sie Gesprächssituationen, um zu schocken, zu verletzen, zu spalten, Aggressionen und Zwietracht zu schüren und vor allem das unbeteiligte Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Die Konsequenzen dessen halten bereits deutlich spürbar in das alltägliche Miteinander Einzug. Dialog wird durch Konfrontation ersetzt, die Verachtung des vermeintlich „Anderen“ wird zur Norm. Für Menschen, die pädagogische Verantwortung für Kinder und Jugendliche tragen oder zukünftig tragen werden, ist diese Herausforderung besonders unmittelbar.

aus: modus | zad: Teach2Teach – Methodenhandbuch „Rechtspopulismus und Rechtsextremismus“ | Fortbildung und Qualifizierung für Fachkräfte im Bereich der Radikalisierungsprävention, Berlin, 2019