„Die wollen uns mit dem Corona-Impfstoff Mikrochips einsetzen.“

7 Tipps, wie Sie mit Menschen in Ihrem Umfeld umgehen können, die an Verschwörungserzählungen glauben

New World Order, QAnon oder Mikrochips im Impfstoff: In Zeiten von großer Unsicherheit und Veränderungen im Alltag suchen manche Menschen Zuflucht in Verschwörungserzählungen. Der Sozial- und Rechtspsychologe Prof. Dr. Roland Imhoff von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erklärt, „Verschwörungserzählungen sind vor allem dann gefährlich, wenn sie unwidersprochen bleiben. Dadurch verzerren sie die Wirklichkeit.“[i] Auf Basis seiner Forschung und veröffentlichten Interviews sowie unserer Expertise und der anderer Organisationen im Feld haben wir sieben Tipps zusammengestellt, die Ihnen helfen können, mit Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben, im kritischen Gespräch zu bleiben:

1. Niemanden vorverurteilen, aber kritisch bleiben

Theoretisch können Verschwörungserzählungen sogar stimmen, es ist aber nicht besonders wahrscheinlich. Deshalb ist es wichtig, einen kritischen Blick zu behalten und die von Verschwörungsanhänger*innen angegebenen Quellen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Lohnenswert ist es auch, darauf zu schauen, ob die Erfinder*innen von Verschwörungserzählungen nicht ihrerseits eine politische oder wirtschaftliche Agenda haben, die vor allem zu ihrem eigenen Vorteil gereicht. Über eines sollte man sich allerdings im Klaren sein: Wenn Sie und Ihr*e Gesprächspartner*in keine Quellen finden, denen Sie gemeinsam vertrauen, werden Sie sich nur schwer einigen.

2. Wenn die Intention hinter der Verschwörungserzählung anderweitig befriedigt wird, dann braucht es vielleicht keine Verschwörung mehr

Grundsätzlich gilt in der Diskussion mit Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben: Es bringt wenig, sich über sie lustig zu machen. Im Gespräch mit engen Freund*innen oder Familienmitgliedern ist es wichtig, deren Bedürfnisse, Ängste oder Sorgen hinter den Verschwör-ungserzählungen aufzuspüren. Angst vor Kontrollverlust oder sozialem Abstieg sowie ein vermindertes Selbstwertgefühl sind nur einige der Gründe, die hinter der vermeintlich undurchdringlichen Fassade stecken können. Es lohnt sich, den Menschen hinter dieser Fassade verstehen zu wollen.

3. Fakten helfen nicht – stattdessen einen Perspektivwechsel anregen

Regen Sie Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben, an, sich selbst zu befragen, was gegen ihre „Theorie“ sprechen könnte, bzw. ob sie tatsächlich plausibel und gerechtfertigt ist. Leben Sie selbst das kritische Hinterfragen der eigenen Standpunkte vor und zeigen Sie damit auch Ihrem Gegenüber einen Weg auf, wie er oder sie mit dem Glauben an eine bestimmte Verschwörungserzählung umgehen könnte. Das reine Überzeugen-Wollen führt hingegen eher weiter in die Verschwörung hinein, weil Sie selbst durch falschen missionarischen Eifer als Teil der Verschwörung wahrgenommen werden könnten.

4. Fake News in sozialen Netzwerken melden

Bei Falschmeldungen sollte man nicht davor zurückschrecken, diese bei der jeweiligen Plattform zu melden. Zeigen Sie strafrechtlich Relevantes darüber hinaus bei der Polizei bzw. den Online-Wachen an. Die Verbreitungsgeschwindigkeit in sozialen Netzwerken ist enorm, sodass schnelles Handeln hier hilfreich sein kann. Freie Meinungsäußerungen sind durch das Grundgesetz und die Pressefreiheit gedeckt. Vorsätzlich falsche (ggf. strafbare) Äußerungen, die möglicherweise sogar Dritten schaden, fallen hierunter nicht.

5. Klare Regeln aufstellen

Ob im Betrieb, im Verein oder anderen sozialen Kontexten: Stellen Sie, wenn möglich, ausformulierte Regeln zum Schutz vor Diskriminierung und Abwertung Anderer auf, um im Ernstfall eine Grundlage zu haben, Menschen, die abwertende Verschwörungserzählungen verbreiten, gezielt anzusprechen. Dadurch schützen Sie Andere vor Diskriminierung und auch diejenigen, die empfänglich für Verschwörungsmythen sind.

 6. In jedem Fall widersprechen – aber lange Diskussionen vermeiden

Wenn Sie in Ihrem Umfeld mit Verschwörungserzählungen konfrontiert werden oder auf Fake News in den sozialen Medien stoßen, sollten Sie auf jeden Fall widersprechen. Es lohnt sich, verzerrte Weltbilder immer wieder gerade zu rücken. Auf langwierige Diskussionen müssen Sie sich dennoch nicht einlassen, denn diese haben nur geringe Erfolgsaussichten.

7. Holen sie sich Unterstützung, wenn Sie das Gefühl haben, überfordert zu sein

Menschen, die Verschwörungserzählungen verbreiten, argumentieren oft aggressiv und ausgrenzend. Wenn solche Fälle im familiären oder beruflichen Kontext auftreten, sind wir schnell emotional überfordert. Holen Sie sich Unterstützung bei Expert*innen und suchen Sie sich Gleichgesinnte. Nutzen Sie dafür beispielsweise die Berliner Beratungsstelle Crossroads oder andere Beratungsstellen in Ihrer Nähe.

[i]Hier finden Sie zwei sehr lesenswerte Interviews mit Prof. Dr. Roland Imhoff sowie weitere Informationen zum Umgang mit Verschwörungsnarrativen und ihren Urheber*innen.